Am 28. August 1963 begeisterte der amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King am Denkmal für Präsident Abraham Lincoln rund 250 000 Gegner der Rassentrennung mit den legendären Worten: „I have a dream“
Weiter heißt es dann bei ihm: Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilen wird. Das ist unsere Hoffnung.Mit diesem Glauben werden wir fähig sein, zusammen zu arbeiten, zusammen zu beten, zusammen zu kämpfen, zusammen ins Gefängnis zu gehen, zusammen für die Freiheit aufzustehen, in dem Wissen, dass wir eines Tages frei sein werden.
Dass nun über 50 Jahre nach dieser denkwürdigen Rede im Land der unbegrenzten Möglichkeiten immer noch um diese Grundrechte gerungen wird, ist ein Spiegel der Machtverhältnisse in diesem Land. Ob die sich nun zum Guten gewendet haben, oder etwa kalte kriegerische Zeiten anbrechen werden, bleibt abzuwarten.
Der mündige Bürger dort jedenfalls hat gewählt. Die Verzweifelung nicht an diesen Grundrechten teilhaben zu können, immer weniger in die großen Entscheidungsprozesse eingreifen zu können, immer mehr Macht in der Hand weniger zu wissen, scheint groß und ist sicherlich ein Grund für diesen verzweifelten Schritt.
Nun ist dort jedefalls der Bock ersteinmal zum Gärtner gemacht worden.
Das Träumen ist kein Privileg eines Einzelnen. Aber nur wenige können
ihre Träume in Bilder verwandeln. Markus Winkler kann das. Und wie prachtvoll verwinkelt, geheimnisvoll verwunschen und farbintensiv er träumen kann, beweisen seine Arbeiten, die wir ab heute in den drei TRAFO-Galerien anschauen können.
Manche jagen Verbrecher oder kämpfen gegen zottige Monster, andere verspeisen haushohe Schokotorten oder treffen ihren heimlichen Schwarm. Im Traum ist alles möglich.
Markus Winkler nun gibt seinen Tagträumen Gestalt. Er fängt sie ein, um sie uns mitzuteilen. Vielleicht sind es für ihn aber auch Fluchtwege, heraus aus dem Alltag der banalen Dinge, jenseits von Konsum und Katastrophen, weg von Kriegen und Medienallmacht.
Vielleicht sind die Augenblicke des Malens, jene Augenblicke die wir uns so oft wünschen. Herein in eine Welt in der alles verkehrt ist, die Dinge auf dem Kopf stehen, der Clown zum König wird, der Regenbogen zum Greifen nah.
Diese Welt der Fabelwesen, Feen und Elfen ist eine Welt, die sich eben gerade nicht in Gramm und Dollar, Euro und Zentimeter messen lässt.
Es ist das Privileg des Künstlers uns zu zeigen, dass es nicht nur Nachts im Schlaf lohnt zu träumen, sondern das Leben jeder Tag einen dieser Träume für uns bereit hällt.
Natürlich muss man acht geben nicht in diesen Traumwelten zu versinken.
Uns den Glanz und die Oberfläche, den schönen Schein für das wirkliche Leben zu verkaufen, daran arbeiten tägliche viele Marketing- und Medienstrategen. Und hier geht es nicht nur um das Dollarzeichen in den Augen der grossen Bosse, sondern auch daraum uns davon abzuhalten wachsam zu bleiben.
Wachsam, damit sie unsere Felder nicht mit Gift versauen, die Fische aus den Meeren vertreiben, die Bienen vergiften, die Chemie in unser täglich Brot zu mischen, Waffen zu verschicken und Kriege zu führen.
Davon träumen wir Menschen jedenfalls nicht, dafür darf kein Platz mehr sein auf diesem Planeten, dafür müssen wir wach bleiben, dafür müssen wir uns regen und bewegen, dafür müssen wir streiten. Und um Kraft für all diese Dinge zu sammeln, brauchen wir manchmal diese Träume, wie sie uns Markus Winkler schenkt.
Schauen sie hin, versinken sie in diese Welt, jedenfalls für einen Augenblick.
Begrüssen wir den Winter mit einem Traumgedicht von Eva Strittmatter:
Ich mach ein Lied aus Stille
Und aus Septemberlicht.
Das Schweigen einer Grille
Geht ein in mein Gedicht.
Der See und die Libelle.
Das Vogelbeerenrot.
Die Arbeit einer Quell.
Der Herbstgeruch von Brot.
Der Bäume Tod und Träume.
Der schwarze Raabenschrei.
Der Orgelflug der Schwäne.
Was es auch immer sei.
Das über uns die Räume
aufreißt und riesig macht.
Und fällt in unsre Träume
in einer finstren Nacht.
Ich mach ein Lied aus Stille.
Ich mach ein Lied aus Licht.
So geh ich in den Winter
und so vergeh ich nicht.
Michael Pommerening
Regenmantel, November 2016
Oliver Rath ist am 19. 8. 2016 im Alter von 38 Jahren in Berlin verstorben.
Wir trauern um einen freundlichen Menschen, einen wilden und krativen Künstler, um einen liebenden Vater.
Ruhe in Frieden, Olli.
WORTE:
Liebe Freunde und Gäste,
bevor wir unsere aktuelle Ausstellung in den drei TRAFOs eröffnen, lassen sie mich noch ein paar Worte zu dem Künstler sagen, dessen Bilder wir gerade abgehangen haben und so wohl nie wieder sehen werden. Oliver Rath – Fotograf, Künstler und Musiker ist am 19.August mit nur 38 Jahren in Berlin gestorben.
Aus der Rede zur Vernissage seiner Ausstellung vor 8 Wochen hier ein Zitat, dessen Bedeutung jetzt nach seinem Tod ein ganz anderes Gewicht erhält:
„Raths Fotos vermitteln den Eindruck einer getriebenen Seele, einer durch die Nacht- und Nebelwelt der Großstadt in Fieber geratenen Psyche, einem Wesen, dass aus Alltäglichkeiten unbeschreibliche Abbilder schafft, für die man keine Worte findet.
Seine Fotoarbeiten sind explodierende Gedankenblitze. Entstanden im Rausch der Sinne dieses einmaligen Lebens, in der Sucht nach Genuss und Gier. Kreiert in den benzingetränkten Pfützen der Nacht Berlins. Für Rath ist das Leben nur erträglich auf der Überholspur. Seine Fotos geben uns einen Einblick in eine andere Welt. Ein Welt ohne die Tristes des Alltags, ohne den Gleichschritt und die Stechuhr der Gewohnheit, ohne die Prüderie und Verlogenheit der ach so braven Bürger.
Leute wie Rath werden gebraucht, um wieder mal aus der Bahn zu kommen, um wieder mal daneben zu liegen, um mal wieder richtig un-normal und im wahrsten Sinne des Wortes ver–rückt zu sein. Diese unbändige Phantasie und Kreativität ist es, die unser Leben reicher macht.
Diesen Rath brauchen wir für einen Weg in immer neue Erfahrungen, für die Schritte auf glattem Eis, für den Marsch in den Nebel der kommenden Tage…für all diese Dinge brauchen wir Kunst wie Oliver Rath sie macht.
Ich brauche Menschen wie Rath.
Ruhe in Frieden.
Frieden – dieser Sehnsuchtsbegriff der Menschheit steht auch über der heute zu eröffnenden Ausstellung. Das Wort Frieden stammt aus dem althochdeutschen- Fridu, was damals etwa „Schonung oder Freundschaft hieß.
Durch die Vereinigung der Kräfte des Himmels und der Erde –im alten China etwa- 3000 Jahre vor Christus- waren das Ying und das Yang - in einer harmonischen Beziehung die so in etwa den Zustand des Friedens beschrieb.
Und genauso lange wohl führen die Menschen Kriege. So war der Frieden eigentlich niemals der Normalzustand- er musste gestiftet werden.
Und solche Friedensstifter haben heute hier ihre Arbeiten, ihre Ideen eben ihre Kunstwerke gestiftet, einem Projekt gestiftet das als ART4PEACE seinen Weg durch Europa ziehen wird und hier in den drei TRAFO Galerien kurz Station macht. Hier in einem historischen Gelände an der Oder, an dem vor nunmehr 71 Jahren die letzte Schlacht eines verheerenden Krieges geschlagen wurde.
Frieden so sagt man kann man lernen. Und dieser Lernprozess beginnt im Kindesalter. Probleme ohne Gewalt zu lösen ist dabei das oberste Gebot.
Aber kann man Friedenwirklich lernen? Wie soll das gehen, wenn im anscheinend friedfertigsten Land der Erde, immerhin herrscht hier schon seit der letzten großen Schlacht des 2. Weltkrieges Frieden…die meisten Waffen zur Austragung von Konflikten gebaut und ihre todbringende Fracht in die Welt exportiert wird.
Alle 14 Minuten wird ein Mensch auf der Erde von einer Kugel aus einer Heckler und Koch Waffe getötet.
Kunst war und ist eine der friedfertigsten Produkte der Menschheit. Kunst will zeigen, will verändern, will träumen, will lieben. Kunst hat nur eine Waffe und das ist die phantasievolle Projektion der menschlichen Existenz und Realität mit anderen Augen zu sehen, das Böse nackt zu machen und das Gute in die Sonne und das Licht zu stellen.
Solcher Art sind auch die Werke von 14 Künstlern und Künstlerinnen, die wir ab heute für acht Wochen in den TRAFO Galerien anschauen können. Nicht immer ist der Krieg auch Inhalt dieser Arbeiten, aber immer wollen die Künstler ihre Werke dieser ART4PEACE Idee stiften. Friedenstiftung im wahrsten Sinne des Wortes.
Dieses Projekt, das unter der Leitung ihres Kurators Herbert Telieps aus der närrischen Dom Stadt Köln heute hier Station macht, versteht diesen friedensstiftenden Weg der Whit Flagg als Mahnung und Aufruf in die Welt.
Der Krieg ist schon so alt wie die Menschheit – es wird Zeit das er diesen Planeten für immer verlässt. Die Kunst aber wird und soll bleiben. Folgen Sie dem Weg der weissen Fahne. Wie – das sagt Ihnen jetzt Herbert Telieps.
Michael Pommerening, Regenmantel im September 2016
OLIVER RATH. BERLINBIZZAR.
Bei solchen oder ähnlichen Anlässen wird gern ein Satz strapaziert, der etwas hohl klingt, der aber doch so viel über die menschliche Reflexion aussagt, wenn es heißt „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Ja aber genau, das stimmt.
Bei dem Künstler, der sich heute die Ehre gibt uns in den kleinsten Galerien der Welt seine Arbeiten – wenigstens einen klitzekleinen Ausschnitt davon- zu zeigen, trifft dieser Text aber voll ins Schwarze. Um die Fotoarbeiten, Bildcollagen und in phantasievollen Arrangements überquellenden Bildkompositionen von Oliver Rath zu beschreiben bräuchte man mehr als tausend dieser besagten Worte. Oliver Rath spielt mit unseren Phantasien, den heimlichen und den gelebten.
Er komponiert Körper, Gesichter, Ansichten zu in ihrer Fülle und Aussagestärke nach allen Seiten offenen Kunstwerken. Hier kommt der Eros, hier spielt die Erotik, hier hat Nacktsein eine völlig neue Bedeutung. Nackt nicht als Objekt der Begierde, wenn schon auch dies ab und an hervorschaut, nein Nacktheit als eine Form der Deutung der Realität, wie sie so speziell, so provokant, so schamlos nur jemand auf die digitale Welt bringen kann, der dem Leben zugewandt, vor Neugierde überlaufend und vor Lust an diesem Leben fast zu verbrennen scheint.
Er hat mit seiner Art zu fotografieren, zu komponieren zu provozieren nur einen Meister zu erreichen, aber genug Lebenszeit dieses auch noch zu schaffen – dieser Meister -zu früh verstorben- heißt Helmut Newton. Auch er hatte diesen ganz besonderen Blick auf die Schönheit, die Sinnlichkeit und die versteckten Phantasien in seinen Fotografien zu seiner Obsession gemacht und zur Meisterhaftigkeit geführt, gerade so wie sie Oliver Rath in seinen Bilder blicken lässt.
Raths Fotos vermitteln den Eindruck einer getriebenen Seele, einer durch die Nacht- und Nebelwelt der Großstadt in Fieber geratenen Psyche, einem Wesen, dass aus Alltäglichkeiten unbeschreibliche Abbilder schafft, für die man keine Worte findet.
Oliver Rath kann man nicht fassen, ihn nicht festzurren am Gedankenbild einer geordneten Welt. Er ist ein Meister in der Inszenierung von Exzessen.
Seine Fotoarbeiten sind explodierende Gedankenblitze. Entstanden im Rausch der Sinne dieses einmaligen Lebens, in der Sucht nach Genuss und Gier. Kreiert in den benzingetränkten Pfützen der Nacht einer derzeitigen Station seiner Lebensreise, die sicherlich in Berlin noch kein Ende hat.
Tag und Nacht verkehren sich immer wieder abwechselnd. Seine Wesen –meist weibliche, sinnliche Traumgestalten jagen mit ihm durch die Nacht von Berlin, Sekunden nur, dann sind sie verschwunden. Doch Oliver Rath hat sie digital eingefroren und für uns aufgehoben.
Folgen sie dieser Welt oder tun sie es nicht, entziehen werden sie sich nicht können. Ob Prominenter, Freund, Partygast oder schriller Szenefreak seine Figuren sind einmalig. Denn seine Welt ist auch unsere Welt, nur Oliver Rath zeigt sie uns, wie wir sie nicht beschreiben könnten. Weil uns der Mut fehlt, weil gesellschaftlich trainierte Formen, weil der falsche Anstand, weil Regeln und Sitten es uns verbieten.
Rath hat schon viel erreicht in seinem Lust-vollen-Leben. Er war DJ in angesagten Klubs in Freiburg, hat ein Buch gemacht „Boheme Berlin“ heißt es, er hat die Stadt New York auf eine Million Dollar verklagt und schon soll auch sein Leben verfilmt werden, wahrscheinlich mit Mutter und Tochter Thomalla an seiner Seite.
Das alles ist ein Teil seines Lebens, seiner Fassade. Auf der anderen Seite, seine zwei Kinder, Windeln wechseln und Müll runtertragen.
Für Rath ist das Leben nur erträglich auf der Überholspur, obwohl er gar kein Auto hat. Seine Fotos geben uns einen Einblick in eine andere Welt. Ein Welt ohne die Tristes des Alltags, ohne den Gleichschritt und die Stechuhr der Gewohnheit, ohne die Prüderie und Verlogenheit der ach so braven Bürger.
Leute wie Rath werden gebraucht, um wieder mal aus der Bahn zu kommen, um wieder mal daneben zu liegen, um mal wieder richtig un-normal und im wahrsten Sinne des Wortes ver–rückt zu sein. Diese unbändige Phantasie und Kreativität ist es, die unser Leben reicher macht.
Die anderen verdienen das Geld, machen Börsenkurse, verkaufen Mordswaffen und machen Krieg. Diese Saubermänner und -frauen der anscheinend braven Welt.
Diesen Rath brauchen wir für einen Weg in immer neue Erfahrungen, für die Schritte auf glattem Eis, für den Marsch in den Nebel der kommenden Tage…für all diese Dinge brauchen wir Kunst wie Oliver Rath sie macht.
Ich brauche Menschen wie Rath.
Schauen sie selbst, ob auch sie ein Teil von Oliver Rath für ihr Leben abzwacken können. Nehmen sie eine Auge voll mit nach Hause von den sinnlich überschäumenden Bildern eines Fotografen, der noch lange nicht genug hat vom Leben und vielleicht auch uns durch seine Kunst einen kleinen Blick gewährt in die geheimnisvollen Tiefen der menschlichen Seele…..und der Nächte von Berlin…von denen viele von uns hierher aufs Land geflohen sind.
(Michael Pommerening, Regenmantel im Juli/ August)
Worte zum Tag
Riesige Berge und sanfte Täler. Dort wo Helga Zumstein, deren Bilder wir heute in den drei TRAFO Galerien anschauen dürfen, herkommt, misst man die Dimensionen der Natur mit anderen Maßstäben. Das Wallis, inmitten der Alpen gelegen, muss bei den Höhenangaben der Berge schon stattliche Meterangaben zitieren: Der höchste Berg der Walliser Alpen und damit der Schweiz ist die Dufourspitze mit 4.634 m gefolgt vom Nordend mit 4.609 und der (hört,hört) Zumsteinspitze mit 4.563 m.
Wer in solch imposanter Landschaft aufwächst – so mag man denken- legt an sein künstlerisches Schaffen ganz andere Maßstäbe an. Und ausgerechnet diese Kunstwerke haben es über Umwege nun in die kleinste Galerie der Welt geschafft, hier im Oderland zwischen Hügeln mit einer stattlichen Höhe von 44 Metern über dem Meeresspiegel und Tälern, die auch recht überschaubar anmuten.
Ein Grund dafür, dass -egal ob Schweiz oder Brandenburger Land - Kunst eine übergreifende sinnliche Ausstrahlung hat, ist die handwerkliche Fähigkeit und künstlerische Kompetenz den Alltag der Menschen mit einfachsten Mittel als ein Phänomen sich immer wiederholender Abläufe abzubilden. Egal ob beim Friseur, auf der Straße oder im Café – Menschen bewegen sich nach ähnlichen Schemata. Eitel oder selbstvergessen, nachdenklich oder hoffend – immer auf der Suche nach ein bisschen Glück und Liebe im täglich schneller und oberflächlicher werden Fluss des Lebens.
Und weil Kunst das so en passant – ganz nebenbei- abbilden kann, tut sie etwas, das man ihr selten zutraut: sie schafft Verständnis, Akzeptanz und Toleranz über Grenzen hinweg. Denn erst wenn man merkt, dass überall auf der Welt Menschen egal welcher Hautfarbe, egal welcher Herkunft und meist auch egal welchen Glaubens sie sind, alle nach den gleichen irdischen Prägungen denken, leben und lieben….erst dann kann man den Anderen, den scheinbar Fremden nicht mißverstehen oder gar hassen.
Helga Zumstein jedenfalls beobachtet diesen Alltag der Menschen, fängt den Augenblick ein, zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht und hält damit die so wichtig- unwichtigen Nebensächlichkeiten fest, die unser Leben so unverwechselbar und einmalig machen.
In ihren Bildern feiert und zelebriert Helga Zumstein zugleich den Alltag als Kunst und die Kunst im Alltag und also die Kunst, den Alltag zu feiern.
Vielleicht sind die Schweizer aber auch ein wenig glücklicher als der Rest der europäischen Wohlstandsfamilie. Das Glück scheint dem Schweizer in die Wiege gelegt – und das liegt nicht nur an der traumhaften Landschaft des Alpenlandes. Die Eidgenossen gehören gemessen am Pro-Kopf-Einkommen zu den reichsten Völkern der Erde.
Dass die Schweizer nach eigenen Umfragen zu den überdurchschnittlich glücklichen Menschen gehören, mag vielleicht ein Grund dafür sein, dass ihr Alltag so geprägt von Gelassenheit und Unaufgeregtheit ist. Aber vielleicht täuscht dieses Heile -Welt-Bild auch.
Vielleicht verbergen sich hinter den glänzenden Fassaden auch Sattheit und lahme Zufriedenheit. Beim genauen Hinschauen lassen die farbintensiven Bilder von Helga Zumstein auch diese leise Ahnung durchscheinen.
Auf jeden Fall aber bezeugen sie allenthalben auch ein Stück irdischer Sensationslosigkeit unseres Seins, und die Erkenntnis, dass wir uns manchmal ein wenig zu wichtig nehmen.
Die Motive der Arbeiten von Helga Zumstein finden ihre erste Abbildung in einer Fotografie. Mit der in der Hand und den anderen sinnlichen Eindrücken dieser Momentaufnahme begibt sie sich in ihr Atelier und bringt nun dieses Bild gemischt und neu geordnet mit den Düften und den Klängen des Lebens auf die Leinwand.
Heraus kommt dann ein Kunstwerk, welches auf ganz eigene Art – eben ihre eigene Art- einen kurzen Augenblick im Leben eines Menschen, eine oft ganz nebensächliche Tätigkeit, durch das durchdachte Abbild in eine andere Wirklichkeit enthebt.
Die Bilder von Helga Zumstein muss man lieben, spürt man doch ihre Liebe zu den Menschen in diesen Bildern, die Liebe zur Sensationslosigkeit im Zeitalter der oft künstlich erzeugten Sensationen der Medien-zur Ablenkung erfunden, zur Betäubung gebraucht.
Es ist schön, dass die Bilder von Helga Zumstein ihren Weg aus den Schweizer Alpen zu uns gefunden haben. Es ist schön, dass Helga Zumstein diesen Weg begleitet hat und heute hier an der Oder bei uns zu Gast ist. Und aus ihrem wunderbaren Geschenkekorb aus dem Wallis können wir probieren, was diese Region sich täglich auf der Zunge zergehen lässt. Und das nicht erst seit Erfindung der modernen Küche, sondern hier wird Tradition gelebt, die wie im Falle des Weines bis in die Zeiten vor der christlichen Rechnung zurückgeht.
Lassen sie den Alltag der Bilder von Helga Zumstein rein in ihre Köpfe und lassen sie sich die kleinen Kostproben aus den Alpen von Trockenfleisch über das Roggenbrot bis hin zum Hobelkäse schmecken. Kunst und Genuss als Beitrag zur Völkerverständigung- ja das ist ganz im Sinne des TRAFO-Projektes.
Grüezi und en Guetä….mag man da nur sagen.
(Michael Pommerening, Regenmantel im Mai 2016)